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Mehr als ein Jahrzehnt arbeite ich nun in oder für die Digitale Wirtschaft. In diesem Zeitraum habe ich vieles kommen und gehen sehen, Branchenentwicklungen als Pressesprecher des BVDW (aka dmmv) hautnah miterlebt und daher heute einen recht entspannten Umgang mit Technologien und Anwendungen, die in der ersten Aufregung für Allheilmittel gehalten werden. Vieles, was als Sensation verkauft wird, entpuppt sich bei genauerer Betrachtung dann schnell mal als alter Wein in neuen Schläuchen. Eine gute Orientierung in Sachen Trends, Technologien und Innovation liefern neben den einschlägigen (neuen und etablierten) Branchenevents die verschiedenen Wettbewerbe, die mal mehr mal weniger auf Kreation, Businesstauglichkeit oder Technik abzielen.
Eine feste Größe unter den Awards ist seit Jahren der Deutsche Multimedia Award (DMMA), bei dem ich über einen langen Zeitraum als Beobachter bei den Jurysitzungen teilnehmen durfte und vor einigen Jahren sogar die Moderation der Preisverleihung übernommen habe. Wofür mich die iBusiness kurz daruf als „Held der Arbeit“ geadelt hat. Ich stehe immer noch tief in Deiner Schuld, Joachim Graf….
Die Konkurrenz für den DMMA ist über die Jahre nicht geringer geworden. Neben Zertifikaten und Gütesiegeln heften sich Agenturen und Dienstleister der Online-Branche eben auch gerne eine Auszeichnung ans Revers oder stellen Trophäen und Urkunden in ihre Agenturvitrinen. Einer dieser Konkurrenten ist (oder besser war) der OnlineStar, der von der Verlagsgruppe Ebner Ulm ausgerichtet wird, die ihrerseits seit Jahren die Internet World Business, eine Art WELT kompakt für die Webwirtschaft, herausgibt. In den letzten beiden Jahren haben sich die Awards unter kräftigem Zutun der am OnlineStar beteiligten Urheber und Juroren immer weiter angenähert. Das mündete zunächst in einer vergleichbaren Jurybesetzung, dann in vergleichbaren Kategorien und nicht zuletzt in vergleichbaren Preisträgern. Der Schritt, die beiden Awards nun miteinander zu verheiraten, ist daher nur konsequent und spart bei den Agenturen Einreichgebühren und Aufwand.
Wer wie ich den Einblick hinter die Kulissen hat, der weiß, wie aufwändig solche „Merger“ sind, denn hier spielen verschiedene Interessen eine Rolle. Auf der einen Seite die Verlagsgruppe mit dem Anspruch mit einer schwarzen Null aus dem Wettbewerb hervorzugehen. Auf der anderen Seite die MFG Baden-Württemberg, für die das ganze Spiel vor allem aus Imagegründen und zum Nutzen des Landes betrieben wird sowie der BVDW, der hier vor allem seinen Agenturen eine Präsentationsplattform schaffen möchte. Überflüssig zu erwähnen, dass es innerhalb eines solchen Verbandes weitere Partikularinteressen gibt, die unter einen Hut zu bringen sind. Selbigen möchte ich daher vor dieser Leistung ziehen, alle Beteiligten nun künftig an einem Strag ziehen zu lassen. Das ist alles andere als selbstverständlich. Ein Blick in die zerklüftete Veranstaltungslandschaft reicht, um festzustellen, dass die Branche hier allerorten jede Menge Potenzial verschenkt und oftmals Eitelkeiten und Besserwisserei den einen großen Branchevent mit überragender Strahkraft verhindern.
Nun bleibt nur zu hoffen, dass der DMMA OnlineStar nicht zu einem reinen Kreativaward verkümmert. Andeutungen in den einschlägigen Presseberichten und Ankündigungen lassen sich zumindest so interpretieren. Das Veranstalterkonglomerat tut gut daran, der Leistungsfähigkeit und Vielfältigkeit der Online-Agenturen mit dem „neuen führenden Wettbewerb der Digitalen Wirtschaft“ Rechnung zu tragen. Eine Jury, die ausschließlich durch Kreative aus den Agenturen besetzt ist, wird das nicht garantieren können. Dazu müssen auch die Auftraggeber mit an den Tisch. Keine Frage: Kreation ist wichtig. Innovationskraft, technologischer Avantgardismus, Usability und wirtschaftlicher Erfolg neuer Anwendungen, Kampagnen und Webtechnologien sind jedoch mindestens ebenso wichtig. Ein DMMA OnlineStar, der diese Kriterien nicht genauso in die Waagschale wirft, wäre für die Branche daher kein Gewinn. Ich bin gespannt.