2. Oktober 2025

Erfolg beim Münsterhack 2025: Was ich gelernt habe und was Civic Tech der Kommunikationsbranche zeigt

von Tim Wessels

Am 26./27. Oktober habe ich zum zweiten Mal beim Münsterhack teilgenommen – unser Team wurde mit dem Publikumspreis ausgezeichnet. Was ich als AI Strategist beim Münsterhack gelernt habe, was über 100 Entwickler:innen an einem Wochenende für Münster bewegen können und was die Kommunikationsbranche aus dem Konzept des Hackathons lernen kann.

Vergangenes Wochenende, am 27. September 2025, endete der achte Münsterhack mit über 200 Gästen bei der Abschlussveranstaltung in den Stadtwerken Münster.

Als die Jury den Publikumspreis verkündete, jubelte unser 13-köpfiges Team „Münster Easy“. Das zweite Jahr in Folge, in dem ich zu einem prämierten Team gehören durfte – nach dem ersten Platz 2024 mit „Münster interessiert’s“. Solche Hackathons zeigen eindrucksvoll, was Civic Tech bedeutet: Bürger:innen nutzen Technologie, um ihre Stadt zu verbessern. Besonders spannend: Dieser Ansatz kann auch ein Vorbild für die Kommunikationsbranche sein, wie Innovation funktionieren kann.

Team Easy gewinnt den Publikumspreis
Team Easy gewinnt den Publikumspreis


Was ist eigentlich der Münsterhack?

Der Münsterhack ist Münsters jährlicher Civic-Tech-Hackathon – seit 2017 veranstaltet vom Digital Hub münsterLAND und der items GmbH, unterstützt von Partnern wie LVM, Stadtwerke Münster und viadee. Ein Hackathon bedeutet: 36 intensive Stunden von der Idee zum funktionsfähigen Prototyp. Freitagmorgen pitchen Teilnehmende ihre Projektideen, Teams finden sich spontan. Dann wird entwickelt bis zum finalen Pitch am Samstagabend.

Als die Idee präsentiert wurde, die momentan über viele verschiedene Webseiten und Informationsquellen “verstreuten” Infos über aktuelle und geplante Baustellen in Münster an einer zentralen Stelle zugänglich zu machen, wusste ich sofort: Das ist mein Team. Mit KI-Tools wie Claude Code konnte ich mir schon vorstellen, was möglich wäre.

Zwei Jahre, zwei Erfolge: Von KI-Podcasts zu barrierefreier Navigation

2024: „Münster interessiert’s“ macht Politik hörbar

Letztes Jahr entwickelte unser elfköpfiges Team eine spannende Lösung für ein alltägliches Problem: Wie macht man 500-seitige Ratsdokumente zugänglich? Unsere Antwort: Ein auto-generierter KI-Podcast, der Kommunalpolitik personalisiert aufbereitet. Die KI analysiert Ratsdokumente, filtert nach persönlichen Interessen und erstellt einen personalisierten Podcast – konsumierbar beim Joggen oder Pendeln. Ein konkretes Beispiel: Laura hat zwei kleine Töchter, fährt viel Fahrrad und wohnt in Gievenbeck. Sie interessiert besonders, was sich bei Schulen, Kitas sowie in der Verkehrs- und Klimapolitik der Stadt tut – ganz besonders natürlich vor Ort bei ihr in Gievenbeck. Die KI filtert automatisch alle relevanten Beschlüsse, anstehende Themen und Diskussionen aus den Ratssitzungen heraus und fasst sie für sie in einem 10-minütigen Podcast zusammen. So wird Lokalpolitik praktisch und lebensnah vermittelt und Laura erfährt außerdem rechtzeitig, wo sie sich einbringen kann, noch bevor etwas beschlossen wird, das sie betrifft. Der erste Platz und 1.000 Euro Preisgeld bestätigten: KI kann als Werkzeug zur Verbesserung demokratischer Teilhabe beitragen.

2025: „Münster 360°“ navigiert barrierefrei

Dieses Jahr gingen wir mit 13 Teammitgliedern Münsters Baustellenchaos an. “Ihr habt eines der größten Probleme in Münster angepackt“, kommentierte Jurymitglied Martin Schuster von den Stadtwerken. In Münster gibt es aktuell über 150 Baustellen. Wer wissen will, wo sie sich befinden und wann die Arbeiten durchgeführt werden, muss sich diese Information aus mehreren verschiedenen Portalen und Websites mühsam zusammensuchen. Es fehlt eine zentrale Informationsquelle.

Unsere Lösung in 36 Stunden:

  • Baustellendaten aus den verschiedenen Informationsquellen in einer Open Data REST-API gebündelt
  • Integration von Wheelmap-Accessibility-Informationen
  • Fork der Open-Source-Lösung „Stadtnavi“ für Münster
  • Bidirektionale Anbindung an den städtischen Mängelmelder

Im Klartext bedeutet das: Informationen zu Baustellen und zur Barrierefreiheit sowie die Möglichkeit, vorhandene Probleme an die Stadt zu melden, werden technisch gebündelt über eine einzige Schnittstelle zur Verfügung gestellt. Verschiedene Websites und Apps können dann potenziell in Echtzeit darauf zugreifen und diese Funktionen bereitstellen.

Die Besucher des Münsterhacks hat unsere Lösung überzeugt: Sie votierten mehrheitlich für unser Projekt und prämierten dieses somit mit dem Publikumspreis 2025 und 500 Euro Preisgeld. Den ersten Platz sicherte sich übrigens „AIchhörnchen“ mit einer KI-gestützten Fundmeldungs-App – drei Klicks genügen, um Verlorenes zu melden und wiederzufinden.

Hackathon Münster 2025: Team Easy Publikumspreis (c)Franca Porsch
Hackathon Münster 2025: Team Easy Publikumspreis (c)Franca Porsch

 

Was ich beim Münsterhack gelernt habe

Bei allem Ehrgeiz und dem Wunsch, am Ende eine tolle funktionierende Lösung zu präsentieren, nehme ich dieses Mal vor allem mit, dass ein großer Gewinn eines Hackathons im Lernen und dem Gewinn von Erfahrungen liegt. Die Zusammenarbeit mit 12 Menschen aus verschiedensten Backgrounds, die Art wie Entwicklerteams Probleme angehen, die Geschwindigkeit iterativer Prozesse – all das beeinflusst die eigene Arbeitsweise.

Wenn unterschiedliche Perspektiven aufeinandertreffen, entstehen nicht nur innovative Produkte, sondern neue Denkweisen und konkrete Skills für alle Beteiligten.

Drei Kernerkenntnisse für die Kommunikationsbranche:

  1. Problemorientierung schlägt Kampagnendenken
    Kein Team startet mit einer Lösung – alle beginnen mit einem echten Problem. Diese radikale Nutzerzentrierung fehlt oft in der Kommunikation, wo wir zu schnell in Kanälen und Formaten denken.
  1. Geschwindigkeit durch Vertrauen
    36 Stunden von der Idee zum funktionsfähigen Prototyp. Möglich wird das durch absolute Fokussierung und Vertrauen ins Team. Keine Hierarchien, keine Zuständigkeitsdiskussionen – nur das gemeinsame Ziel.
  1. Open Source als Kommunikationsprinzip
    „Unser Projekt könnte die Grundlage für den nächsten Münsterhack sein“, sagten wir bei der Präsentation. Diese Offenheit schafft nachhaltige Lösungen. Unsere REST-API ist wie eine maschinenlesbare Pressemitteilung.

Hackathon Münster 2025: Die Jury (c)Franca Porsch
Hackathon Münster 2025: Die Jury (c)Franca Porsch


Civic Tech als Chance für Unternehmen

Der Münsterhack zeigt: Bürger:innen warten nicht auf Lösungen von oben. Für Unternehmen eröffnen sich neue Möglichkeiten des Engagements:

Konkrete Handlungsoptionen:

  • Mitarbeiter:innen für Hackathons freistellen – Tech-Skills fördern und Innovationskultur stärken
  • Unternehmensdaten für gesellschaftlichen Nutzen öffnen – Transparenz als Vertrauensbuilder
  • Hackathon-Teams mit Expertise unterstützen – Netzwerke erweitern, Talente entdecken
  • Civic Tech als Employer Branding nutzen – Tech-Talente schätzen gesellschaftliches Engagement

Was Unternehmen für die interne Arbeit lernen können:

Rapid Prototyping mit KI: Gerade mit KI-Tools wie Claude Code lassen sich Ideen sehr schnell testen. Statt monatelanger Konzeptphasen einfach mal einen Prototyp bauen – in Stunden, nicht Wochen. Bei klassischen Softwareprojekten undenkbar, mit KI plötzlich möglich.

Die Hackathon-Mentalität ins Unternehmen holen: Problem identifizieren, Lösung prototypen, aus Feedback lernen, iterieren. Das spart nicht nur Zeit und Budget, sondern bringt Teams auch näher an echte Nutzerprobleme.

Der Schlüssel: Nicht alles zerreden, sondern machen. KI senkt die Hürde für Experimente dramatisch. Unternehmen können sich das zunutze machen. Ein funktionierender Prototyp sagt mehr als 100 PowerPoint-Folien.

Selbstreflexion für Kommunikationsverantwortliche:

  • Welche gesellschaftlichen Probleme könnte unsere Kommunikation lösen?
  • Haben wir Daten, die anderen helfen könnten?
  • Wie schnell können wir von der Idee zum Prototyp kommen?
  • Nutzen wir die Innovationskraft externer Communities?
  • Setzen wir KI-Tools für schnelle Experimente ein?

Was bleibt nach dem Wochenende?

Der Münsterhack 2025 ist vorbei, aber die entwickelten Lösungen leben oft weiter – die Ideen sowieso. Das Solution Enabler Program der Stadt unterstützt vielversprechende Projekte bei der Umsetzung mit einem finanziellen Zuschuss von 3.000 Euro. Die Ergebnisse unserer Gruppe und unsere Baustellen- und Accessibility-API stehen bereits als Open Data zur Verfügung.

Als AI Strategist bei pr://ip versuche ich, zwischen Tech-Community und Kommunikationsbranche Verbindungen zu schaffen – die beiden Münsterhack-Erfahrungen haben mir dafür viel mitgegeben.

Was ich dabei lernen durfte: Die Zukunft der Kommunikation könnte in der Verschmelzung von technischer Innovation, gesellschaftlicher Relevanz und persönlicher Weiterentwicklung liegen.

Denn eines nehme ich aus diesen Wochenenden mit: 36 Stunden Zeitdruck, ein interdisziplinäres Team und ein echtes Problem bieten einen einzigartigen Lernraum für Innovation – für alle Beteiligten.

 

Hackathon Münster 2025: Die Teilnehmer:innen (c)Franca Porsch
Hackathon Münster 2025: Die Teilnehmer:innen (c)Franca Porsch
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Tim Wessels

Tim Wessels ist AI Strategist bei pr://ip und verantwortet bei uns die Integration von KI-Technologien in alle Agenturprozesse. Mit 20 Jahren IT-Erfahrung und aktuellem Kommunikationswissenschafts-Studium verbindet Tim technische Expertise mit strategischer Kommunikationsberatung. Seine Leidenschaft: die Brücke zwischen KI-Möglichkeiten und praktischem Nutzen schlagen – beim Münsterhack zeigte er im Team "Münster" Easy, wie das zu konkreten Lösungen führt.

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