27. Mai 2013

Der Deutsche Webvideopreis 2013: Bilder, die die Masse bewegen

Der Deutsche Webvideopreis hat sich in kürzester Zeit zu einem sehr wichtigen Medienpreis entwickelt. Er zeichnet in jeder Beziehung nach, welchen Weg das noch junge Genre in Deutschland genommen hat – in seinem Facettenreichtum, der Kraft und Leidenschaft der Community und dem hohen Aufmerksamkeitsgrad, das von den klassischen Medien entgegengebracht wird. Da passt sogar der Shitstorm der jugendlichen Fans ins Bild, der auch vor persönlichen Beleidigungen nicht halt macht.

Es ist gerade einmal zwei Jahre her als die Idee entstand, die besten Webclips des Jahres auszuzeichnen. Die Initatoren, darunter Markus Hündgen – in der Webvideoszene auch besser als „Videopunk“ bekannt – haben damit das Ziel verfolgt einen Wettbewerb zu schaffen, der von der Community getragen wird. In ähnlichem Maße, wie sich das Thema Bewegtbild in Deutschland entwickelt hat, hat sich in diesen zwei Jahren auch der Deutsche Webvideopreis entwickelt. Es war vorweggenommen in diesem Jahr ein Preis für die Massen.

Webvideopreis: Vom Kinderzimmer in die Wohnzimmer

Im zweiten Jahr seiner Existenz und damit im dritten Durchlauf hat der Webvideopreis das geschafft, wovon andere Awards der Online-Szene (wie der DMMA Online-Star, der Webby Award oder auch der Grimme Online Award) nur träumen können: Er entert die deutschen Wohnzimmer. Zögerlich zwar, aber Schritt für Schritt.

(CC by Webvideopreis)

Das belegt die Berichterstattung, die von Spiegel Online über die ZEIT und die FAZ auch längst regionale und lokale Medien erreicht hat, die über einzelne Nominierungen berichtet haben. Das belegen die eindrucksvollen Fakten:

  • rund 4.000 Beiträge
  • weit mehr als 300.000 geteilte Webvideos beim Publikumsvoting
  • eine Bruttoreichweite von rund 40 Millionen Kontakten in den sozialen Netzwerken
  • 1.100 Gäste bei der Verleihung im Düsseldorfer Capitol Theater
  • mehr als 60.000 Abrufe der Webvideos zum Award inkl. des Livestreams bei YouTube

Und das belegen auch die Gewinner und Nominierten in den insgesamt 13 Kategorien. Sie spiegeln die gesamte Bandbreite des Webvideo-Spektrums wider. Vom spontanen Smartphoneclip über jugendliche Autodidakten, die Y-Titty & Co. nacheifern, bis hin zu aufwändigen Produktionen, die dem Publikum auch schon mal sperrige Themen wie Opernmusik oder den Syrienkonflikt näher bringen. Alle Altersklassen und Produktionsbedingungen sind dabei. Entschieden haben in letzter Konsequenz – mit Ausnahme der Kategorien AAA (Academy Approved Art) und Newbie – Publikum und Fachjury gemeinsam, wobei im Zweifel das Votum des Publikums schwerer gewogen hat.

Wenn die Lieblinge nicht gewinnen: Die vorprogrammierten Frustkommentare

Es ist nur normal, dass enttäuschte Fans ihrem Frust Luft verschaffen und via Twitter, Facebook oder YouTube Kommentar, das Ergebnis anzweifeln, wenn „ihr“ Held nicht als Sieger durchs Ziel geht. Das kennen wir auch von anderen Phänomenen wie DSDS, The Voice oder auch dem ESC. Dass die Wortwahl hier und da unter die Gürtellinie geht, ist der Jugend vieler Fans geschuldet. Diese Form des „Shitstorms“ beinhaltet jedoch wenig sachliche Kritik und verkennt dabei vor allem eins: Webvideos sind kein Nischenphänomen, Webvideos sind längst Alltag. Dass der Name einiger Gewinner nicht geläufig ist, ist ebenfalls völlig normal. Das liegt in der Natur der Sache und ist ja gerade das besondere: Webvideos können jedem zu plötzlichem Ruhm verhelfen – für einen Tag, eine Woche, einen Monat und manchmal eben noch viel länger. Beispiele aus der Musikszene gibt es inzwischen in Hülle und Fülle.

Der „andere“ großartige Medienpreis

Das Team um Markus Hündgen, Dimitrios Argirakos und Julius Endert hat es 2013 geschafft, dem Thema Webvideo in Deutschland eine großartige Bühne zu geben. Ganz klar, Verbesserungen sind immer möglich – so wäre etwas mehr Nähe zum Publikum im Saal und im Netz, etwa durch ein Moderatoren-Duo (übrigens durchaus Miriam Pielhau und Cherno Jobatey) realisiert, meines Erachtens gut gewesen. Aber verkennen wir doch nicht die enorme Leistung der Beteiligten. Sie haben in wenigen Monaten eine echte Instanz geschaffen, die in den kommenden Jahren ihren Weg machen wird. Unaufhaltsam.

2013 hat die European Web Video Academy eine Benchmark geschaffen. Sponsoren und Partner, die dieses Jahr noch gezögert haben, dürften sich ärgern und sollten sich beeilen ab 2014 dabei zu sein. Auf diesem Fundament lässt sich mehr als gut aufbauen. Bei aller Kritik: Die Szene sollten vor allem dankbar sein, dass mit dem Deutschen Webvideopreis ein Wettbewerb samt Gala (sowie Videocamp und Fantreffen!) geschaffen wurde, der den Vergleich mit den großen TV-Preisen nicht mehr scheuen muss. Ganz im Gegenteil: Denn im Unterschied zu den Dinosauriern der Medienpreise wird die direkte Verbindung mit Machern, Publikum und Fans dafür sorgen, dass der Deutsche Webvideopreis immer anders sein wird – bunter, lauter, unkonventioneller und schlicht großartig.

Deutscher Webvideopreis

Fußnote: Das Orgateam des Webvideopreises dürfte zu den wenigen Ausnahmen gehört haben, die sich nicht über das rein deutsche Champions League Finale gefreut haben. So mussten sie die Preisverleihung nicht nur vorverlegen, sondern auch ziemlich straff durchziehen. Das war an der einen oder anderen Stelle tatsächlich sehr schade, aber verständlich angesichts der Rahmenbedingungen. Beim nächsten Mal dürfte die Planung voll und ganz darauf ausgerichtet sein, sich ausschließlich der Champions League der Webvideos zu widmen. Da die Organisation in Händen der European Web Video Academy liegt, muss ja auch nicht zwangsläufig an der Landesgrenze Schluss sein. Vielleicht sehen wir ja irgendwann tatsächlich den European Web Video Contest – man wird ja nochmal träumen dürfen, oder?

Disclosure:Ich habe mich mit meinem Team seit 2012 beim Deutschen Webvideopreis engagiert. Wir tun das nicht nur, weil wir an die weitere Entwicklung des Genres glauben, sondern vor allem, weil wir die Leidenschaft des Kernteams um Markus Hündgen und Dimitrios Argirakos teilen und den Webvideopreis bei ihnen in sehr guten Händen wissen!

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