9. September 2014

Digitales Projektmanagement (3/8) – Erst überlegen, dann suchen: Auf welche Funktionen es ankommt

Um das fürs eigene Unternehmen passende Tool zu finden, lohnt es sich vorher seine Ziele zu definieren. Welche Funktionen soll eine Projekt Management Software konkret bieten? Wie sollten diese ausgearbeitet sein. Ist man sich darüber im Klaren, vereinfacht sich die Suche enorm.

Bei der Suche nach Software, die alle möglichen Formen von Kommunikation, Organisation und Datenaustausch auf einer Plattform integriert, kann man verschiedene Zielkriterien anlegen. Besonderes Augenmerk liegt in unserem Kontext als Dienstleister auf der Möglichkeit, sowohl die interne Kommunikation (Zusammenarbeit von Mitarbeitern eines Unternehmens an einem bestimmten Projekt) als auch die Zusammenarbeit mit Business-Kunden (Präsentation von Projektfortschritten mit Feedbackmöglichkeit, Informationsaustausch) mit Hilfe des Tools verbessern zu können.

Eine strukturierte Suche erleichtert das Auffinden des passenden Tools (Photo: Jeffrey Beall)

Allgemein firmieren solche Programme bzw. Apps unter dem übergeordneten Namen Team Collaboration Software oder Projekt Management Software (PMS). Die Anzahl zur Verfügung stehender Programme ist immens und um in diesem mannigfaltigen Angebot das Richtige zu finden, lohnt es sich vorher genau zu definieren, welche Funktionen die Plattform liefern soll. Dazu gehören eine Reihe wichtiger Aspekte:

Status Quo

  • Welche Software wird aktuell zur Organisation, Kommunikation und zum Datenaustausch genutzt? Welche Funktionen werden hier konkret benutzt?
  • Wo liegen Probleme und Störfaktoren im Kommunikationsablauf (intern und mit Business-Kunden)?
  • Welche Funktionen werden zusätzlich benötigt?

Soll-Zustand

  • Welche Funktionen soll PMS für das Unternehmen liefern? Auch wenn dies eine individuelle Frage ist, gibt es ein paar Basisfunktionen, die unabhängig von Unternehmensart und –größe enthalten sein sollten:

Browser-basiert und Usability

  • Die Browser-Lösung bedeutet Kompatibilität und ermöglicht die Arbeit unabhängig von Betriebssystemen der eigenen Mitarbeiter und Business-Kunden. Außerdem liegen die Daten so in der Cloud und nicht auf vielen einzelnen Computern oder Servern verteilt.
  • Die Oberfläche sollte intuitiv sein und die Steuerung der Plattform mit Hilfe weniger Klicks vollständig möglich sein.

Kontakt-Verwaltung

  • Neben möglichst ausführlichen Kontaktangaben ist besonders die Kategorisierung von Kontakten nützlich (nach einzelnen Unternehmen oder Arbeitsgebieten)

Kalender

  • Ein gemeinsamer Unternehmenskalender sollte sowohl projektspezifisch als auch projektübergreifend sein. So hat man den Überblick über alle Aktivitäten – und von den jeweils beteiligten Personen.
  • Um Probleme bei Terminverschiebungen zu vermeiden, sollten Einträge im Kalender kommentierbar sein (z.B. „Termin wurde auf Wunsch des Business-Kunden XY vom 3. August auf den 7. August verschoben“) und Informationen über die Erstellung angezeigt werden (Wer hat den Termin eingestellt? Wann war das?).

Notizen

  • Notizen sollten kategorisierbar sein.
  • Notizen sollten sowohl privat als auch allen zugänglich gemacht werden können.
  • Ein ausgefeiltes Suchsystem auch innerhalb der Notizen ist für einfacheres Finden wichtig.

Aufgabenplanung

  • Hier sollten verschiedene Hierarchie-Ebenen mit über- und untergeordneten Aufgaben verfügbar sein. Außerdem sollten die Aufgaben projektspezifisch gegliedert werden können.
  • Bei Bedarf sollten auch Zieldaten, bis wann eine Aufgabe abgeschlossen sein soll, eingetragen werden können.
  • Ständig wiederkehrende Aufgaben sollten schnell und einfach als Liste für andere Projekte übernommen werden können.

Zeiterfassung

  • Hier kann man überlegen, ob man Zeit manuell eingeben lassen möchte oder per Timer automatisch stoppen lässt. Ich halte die manuelle Eingabe der verwendeten Zeit pro Aufgabe für die sinnvollste Option. Bei der automatischen Erfassung der Zeit über einen Timer kann leicht das an oder abschalten des Timers vergessen werden. In jedem Fall solltre es daher die Möglichkeit geben, die Einträge manuell nachbearbeiten zu können
  • Wünschenswert ist außerdem, dass die PMS auch über ein Rechnungslegungssystem verfügt. In dieses sollten dann abgeschlossene Aufgaben mit Angabe über die aufgewendete Zeit automatisch überführt werden.

Benachrichtigungssystem

  • Fall-zu-Fall-Entscheidung, wer über Aktionen auf der Plattform benachrichtigt werden soll. Wird z.B. eine Datei hochgeladen, sollte man entscheiden können, welcher Kollege direkt darüber informiert wird. Das kann einmal das Controlling sein, ein anderes Mal aber auch der Kollege aus der IT-Abteilung oder der Geschäftspartner.
  • Benachrichtigungen sollten einerseits direkt gut sichtbar auf der Projekt Management Plattform sein (Vermeidung interner Benachrichtigungs-Mails), andererseits sollten sie auch per Mail versendbar sein (an Business-Kunden die nicht rund um die Uhr auf der Plattform arbeiten).

Interne Kommunikation

  • Die interne Kommunikation auf der Plattform sollte verschiedene Kommunikationsarten ermöglichen. Dazu zählen private Nachrichten an eine einzelne Person genauso wie größere Gruppenchats.
  • Das Anhängen von Dateien und eine direkte Kommentierung sollten ebenfalls unterstützt werden.
  • Eine interne Kommunikation über Mail sollte nicht mehr benötigt werden.
  • Wichtig ist auch die Kategorisierung von Nachrichten in verschiedene Themenbereiche.

Zusammenarbeit mit Business-Kunden

  • Für die Zusammenarbeit mit Business-Kunden ist eine ausgefeilte Rechteverwaltung unabdingbar. Die Rechte, wer was auf der Plattform sehen und bearbeiten kann, muss individuell auf das jeweilige Produkt und den Partner anzupassen sein. Nur so kann der Schutz eigener Daten und der Daten anderer Business-Kunden gewährleistet werden).
  • Benachrichtigungen an den Business-Kunden sollten per Mail möglich sein und einen Link enthalten über den er direkt an die richtige Stelle auf der Plattform geleitet wird (z.B. um einen Fileupload zu kommentieren).
  • Da es neben den eigenen Mitarbeitern und Business-Kunden auch noch lose Beziehungen zu anderen Unternehmen oder Institutionen gibt, sollte das eigene Mail-Postfach in die Plattform integriert sein. So können direkt von der Plattform Mails (z.B. an den Steuerberater) verschickt werden ohne dafür extra ins Mail-Postfach wechseln zu müssen.

Filesharing- und bearbeitung

  • Die Möglichkeit Dateien zu Projekten hinzuzufügen ist essentiell. Noch essentieller ist es aber diese bearbeiten und kommentieren zu können. Am besten sind deshalb Browser-basierte Bearbeitungsprogramme (wie GoogleDocs) geeignet. Diese ermöglichen die Bearbeitung ohne dass man ein bestimmtes Programm auf seinem Computer installiert haben muss.
  • Relevant ist außerdem, dass alte Versionen nicht verloren gehen, sondern automatisch nach der Bearbeitung als vorherige Versionen gesichert werden.

Suchsystem

  • Ein eigenes Suchsystem auch innerhalb der Files ist wünschenswert. So kann praktisch alles was auf der Plattform existiert (gleichbedeutend mit allen Arbeitsprozessen des Unternehmens) schnell (wieder-)gefunden werden.

Mobile Nutzung

  • Apps für Smartphones/Tablets sind wichtig, um auch von unterwegs vollen Zugriff auf die Plattform zu haben. So umgeht man Medien- oder Programmbrüche konsequent und gewährleistet zugleich bestmögliche Usability.

Kosten

  • Was ist man bereit zu zahlen?

Für größere Unternehmen kommen noch einige Aspekte hinzu

  • Budgetallokation
  • Automatisiertes Abrechnungssystem
  • Gantt Diagramme
  • Ausführliches Reporting zur Effizienz-Analyse
  • Controlling
  • Sicherheit (z.B. PMS auf eigenem Server und nicht in der Cloud des Software-Anbieters)

Strukturierte Suche

Hat man seine Ziele definiert, dienen diese bei der Suche nach der richtigen PMS als sinnvoller Bewertungsmaßstab. Trotzdem kann sich die Suche als schwierig erweisen, da die einzelnen Produktbeschreibungen meist wenig genau sind. So sind auch die teils eklatanten Unterschiede zwischen den einzelnen Tools schwer zu erkennen. Außerdem mangelt es an unabhängigen Vergleichsseiten (siehe z.B. http://project-management.com/software/top15/) oder aber die Beschreibungen der Tools sind zu knapp (siehe z.B. http://www.computerwoche.de/a/die-besten-projekt-management-tools,2364604).

Am sinnvollsten scheint mir deshalb ein zweistufiges Auswahlverfahren zu sein. Im ersten Schritt sollten anhand einer eigenen Google Suche und der Linksammlung (siehe Teil 8) rund fünf Tools ausgewählt werden, deren Produktbeschreibungen zu den eigenen Zielen passend erscheinen. Im zweiten Schritt können die ausgewählten Programme dann ausgiebig von einer Person getestet werden. Die meisten Plattformen bieten ausführliche Tutorials, FAQs oder direkten Support an. Auch wenn eine gute Plattform eigentlich selbsterklärend sein sollte – bevor man glaubt eine bestimmte Funktion sei nicht möglich, sollte man sich besser noch einmal genauer informieren. Alle möglichen und für das eigene Unternehmen wichtigen Funktionen sollten mindestens einmal kurz angewendet und bewertet werden. Zum besseren Überblick kann man z.B. eine kleine Tabelle anlegen und bewertet jeweils auf einer einfachen Skala (rot, gelb, grün) die vorher als relevant definierten Funktionen jeder Plattform.

Auch ich habe mir eine solche Tabelle angelegt, vorher rund 50 Produktbeschreibungen gelesen und mich bei zehn Plattformen zu Testzwecken angemeldet. In den nächsten Folgen der Blog-Reihe werde ich drei Tools ausführlich beschreiben, die besonders geeignet für Unternehmen der Größe bis zu 50 Mitarbeiter sind. Doch bevor ich diese vorstelle, geht es im nächsten Beitrag aber erst einmal um Projekt Management Software, deren Test man sich getrost sparen kann – auch wenn sie in Pseudo-Rankings weit oben auftauchen sollten.

Autor: Johannes Kaiser

Bereits erschienen:

Teil 1: Der paradoxe App-Dschungel: Wie Apps zum Kommunikationsproblem werden können
Teil 2: Plädoyer für ein integriertes, digitales Projektmanagement

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